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Einmalige Chance für Goldach oder eine verrückte Idee?

Nach dem Bezug des neuen Stadttheaters Ende 2022/Anfang 2023 “verschenkt” der Kanton das Provisorium, das heute im Stadtpark steht. Der Gemeinderat hat sich darum beworben. Er sieht darin die grosse Chance, in Goldach ein regionales Kulturzentrum aufzubauen. Ob die Goldacherinnen und Goldacher diese Ansicht teilen, soll eine Grundsatzabstimmung zeigen.

Kultur ist die Seele einer Gesellschaft – und eine gesunde Seele bekanntlich wichtig für ein gesundes Ganzes. Corona verursacht nun schon seit zwei Jahren beträchtlichen “gesellschaftlichen Seelenschmerz”. Doch schon vor Pandemiezeiten zeigten sich in Goldach je länger je mehr Defizite im kulturellen Bereich, trotz der tollen Angebote von “Kultur i de Aula”. Das bestätigte auch die Auswertung der Zu- und Wegzügerbefragung aus dem Jahr 2019, bei der Goldach im Bereich der Kultur- und Freizeitangebote unterdurchschnittlich abschloss.

Mehr als nur ein Ersatz für den Schäflisaal

Lange war der Schäflisaal das kulturelle Zentrum der Gemeinde, wozu vor allem die Vereine beitrugen. Die strengen Vorgaben des Feuerschutzes liessen eine solche Nutzung aber schon seit Jahren nicht mehr zu – und im Sommer 2020 musste das Gebäude dann endgültig der neuen Zentrumsüberbauung weichen.

Der Ruf nach einem neuen Gemeindesaal ist aus den Reihen der Vereine deshalb immer wieder zu hören. Die Schulinfrastruktur kann dieses Bedürfnis nicht befriedigend abdecken. Die Wartegghalle dient primär dem Sport. Und die Aula der Oberstufe ist nicht für grössere Anlässe mit Konsumation ausgelegt.

Doch auch klassische Gemeindesäle sind in der heutigen Zeit keine “Selbstläufer” mehr. Die Vereine alleine können sie nicht mit Leben füllen. Es braucht eine professionelle Bewirtschaftung und wohl auch die Möglichkeit, sich von der Vielzahl von Gemeindesälen in der näheren und weiteren Umgebung abzuheben. Wenn das gelingt, kann etwas gesellschaftlich sehr Wertvolles entstehen, das für Zusammenhalt und Identifikation sorgt, wie dies beispielsweise das Pentorama in Amriswil erfolgreich vormacht.

Gebäude mit Strahlkraft

Ein Alleinstellungsmerkmal könnte auch der Holzbau schaffen, der heute als provisorisches Stadttheater dient. Da ist zum einen die Strahlkraft, die von diesem Gebäude einzig aus seiner “Geschichte” als Aufführungsort von Musicals, Schauspielen und Opern von internationalem Format ausgeht. Zum anderen ist es die umfassende Infrastruktur, die im Vergleich zu klassischen Sälen vielfältige Anlässe und Konzerte ermöglichen würde. Mit 500 Sitzplätzen liegt das Fassungsvermögen zwischen der Aula (300 Sitzplätze mit Konzertbestuhlung) und der Wartegghalle, die über 1’000 Gäste zulässt. Das grosszügige Foyer mit Bar liesse zudem auch die Verpflegung der Besucherinnen und Besucher zu. Zudem weist die Bühne eine Grösse auf, die auch eine separate Nutzung, z. B. für einen Anlass mit Tischbestuhlung, ermöglichen würde. Das Stadttheaterprovisorium hat im Herbst 2023 ausgedient. Provisorisch ist aber primär die Nutzung als Stadttheater, nicht aber der Holzbau als solcher. Dieser ist von der Konstruktion und der Isolation her so ausgelegt, dass er dauerhaft Bestand haben kann. Der Kanton hat das Gebäude deshalb den Gemeinden im Kanton St. Gallen zur kostenlosen Übernahme angeboten. Der Gemeinderat hat sich darum beworben. Er will der Bevölkerung die Möglichkeit geben, sich dazu in einer Grundsatzabstimmung zu äussern.

Optimaler Standort im Goldachpark

Als Standort bietet sich der Dreispitz zwischen Mühlegutstrasse, ehemaligem Industriegleis und Bahnlinie geradezu an. Die Erschliessung sowohl mit dem öffentlichen als auch mit dem Individualverkehr ist optimal. Der Holzbau könnte als Teil des neuen Goldachparks auf eine neue Tiefgarage gestellt werden, womit auch die Parkierung geregelt wäre.

Der Gemeinderat sieht die Chance, mit der Übernahme des Stadttheaterprovisoriums ein regionales Kulturzentrum zu schaffen, in welchem regelmässig attraktive Veranstaltungen stattfinden, die das kulturelle Leben der Gemeinde und der Region bereichern.

Sehen das auch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger so, wird der Gemeinderat in einem nächsten Schritt ein Betriebskonzept mit Bedürfnisabklärung und Businessplan erarbeiten. Daraus soll hervorgehen, ob genügend kulturelle Nachfrage besteht, um das Gebäude erfolgreich zu betreiben, welche Anpassungen an der Infrastruktur nötig wären und wie sich der Betrieb finanzieren liesse. In einem zweiten Schritt würde gestützt darauf die Detailplanung erfolgen. Wichtiger Bestandteil wäre dabei der Kostenvoranschlag als Basis für die Kreditabstimmung, welche später an der Urne erfolgen würde.

Ein Geschenk und doch nicht gratis

Klar ist allerdings bereits heute: Das “Geschenk” des Kantons ist nicht gratis. Alleine für die Demontage, den Transport und den Wiederaufbau veranschlagt der Kanton Kosten von rund 2,75 Mio. Franken. Hinzu kommen die Kosten für die Tiefgarage, notwendige Anpassungen an der Materialisierung (insbesondere beim Innenausbau oder z. B. an der Aussenhülle) und Änderungsbedarf aus dem Betriebskonzept (Raumeinteilung etc.). Der Gemeinderat geht heute davon aus, dass sich die Gesamtkosten auf mindestens 8 Mio. Franken belaufen werden. Das ist viel Geld. Ein konventioneller Saalneubau würde aber noch einiges mehr kosten – und nicht gleichviel bieten.

Die Gemeinde Goldach steht bei der Bewerbung um das Stadttheaterprovisorium in Konkurrenz zu zwei weiteren Interessenten. Ob sie den Zuschlag erhält, steht zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht fest. Der Gemeinderat sieht vor, einen Kredit über 200’000 Franken für Betriebskonzept, Businessplan und Detailplanung ins Budget 2022 aufzunehmen. Dieser Kredit steht unter dem Vorbehalt, dass einerseits der Zuschlag auf die Gemeinde Goldach fällt und sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger andererseits an der Grundsatzabstimmung dafür aussprechen, das Projekt in Angriff zu nehmen und einer Kreditabstimmung zuzuführen.

13 Fragen und Antworten zur Idee des Gemeinderates für ein regionales Kulturzentrum

Hat die Gemeinde Goldach den Zuschlag für das Stadttheater-Provisorium bereits erhalten?Nein, zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses stand noch nicht fest, wem der Kanton den Holzbau übergeben will. Die Gemeinde Goldach steht in Konkurrenz zu weiteren Bewerbern.
Warum erachtet der Gemeinderat die Übernahme des Stadttheater-Provisoriums als Chance?Es könnte in Goldach ein regionales Kulturzentrum entstehen, in welchem regelmässig attraktive Veranstaltungen stattfinden. Das schafft Identifikation mit Goldach und der Region und bringt die Menschen zusammen. Auch in Goldach schreitet die Anonymisierung mit dem Wachstum der Gemeinde voran. Dieser Entwicklung möchte der Gemeinderat entgegenwirken.
Warum möchte der Gemeinderat in die Kultur investieren?Im Bereich Kultur weist Goldach, trotz dem tollen Angebot von Kultur i de Aula, Defizite auf. Das ergab sich auch aus der Zu- und Wegzügerbefragung aus dem Jahr 2019. Zudem leiden die Vereine, weil ein Gemeindesaal fehlt und die Infrastruktur der Schule ihre Bedürfnisse nur zum Teil abdecken kann.
Soll das neue Kulturzentrum primär den Vereinen dienen?Die Vereine sollen mit dem neuen Gebäude ebenfalls eine attraktive Infrastruktur für ihre Auftritte erhalten. Das würde allerdings nicht ausreichen, um das Kulturzentrum mit Leben zu füllen. Dem Gemeinderat schwebt eine professionelle, aktive Bewirtschaftung vor.
Warum ein Provisorium für Goldach?Provisorisch ist primär die Nutzung als Stadttheater. Der Holzbau als solcher ist von der Konstruktion und der Isolation her für eine dauerhafte Nutzung ausgelegt. Zusätzlicher Investitionsbedarf bestünde vor allem bei der Materialisierung im Innern. Das Gebäude würde ordentlich auf 35 Jahre abgeschrieben. Der Gemeinderat plant also kein provisorisches Kulturzentrum.
Ist das Stadttheater-Provisorium nicht zu gross für Goldach?Mit 525 Sitzplätzen liegt das Fassungsvermögen zwischen der Aula der Oberstufe (300 Sitzplätze mit Konzertbestuhlung) und der Wartegghalle, welche über 1’000 Personen Platz bietet.
Warum zieht der Gemeinderat die Übernahme des bestehenden Holzbaus einem Neubau vor?Einerseits sind die Kosten tiefer, weil der zu übernehmende Holzbau einen erheblichen Wert hat. Andererseits würde Goldach für sich alleine wohl keine derart grosszügige Infrastruktur bauen. Diese ist aber wichtig, um sich von den vielen bestehenden, konventionellen Gemeindesälen abzuheben. Und nicht zuletzt ist es die Strahlkraft, die von diesem Gebäude einzig aus seiner “Geschichte” als Aufführungsort von Musicals, Schauspielen und Opern von internationalem Format ausgeht. Wer möchte nicht auch einmal im ehemaligen Stadttheater auftreten?
Ist das kulturelle Potenzial gross genug, um in Goldach ein regionales Kulturzentrum zu betreiben?Das möchte der Gemeinderat in der weiteren Planungsphase herausfinden. Er würde in einem nächsten Schritt mit externer Begleitung ein Betriebskonzept mit Bedürfnisanalyse und Businessplan ausarbeiten. Ziel müsste auch sein, für den Betrieb eine möglichst hohe Selbstfinanzierung zu erreichen.
Bliebe das Erscheinungsbild des Baus unverändert?Aktuell weist das Stadttheater-Provisorium eine Blechfassade auf. Ob das so bliebe, müssten die weiteren Planungsarbeiten zeigen.
Wo soll das Kulturzentrum stehen?Im Dreispitz zwischen Mühlegutstrasse, ehemaligem Industriegleis und Bahnlinie verfügt die Gemeinde über eingezontes Land, das sich als Standort für ein regionales Kulturzentrum dank der optimalen Erschliessung mit dem öffentlichen und dem Individualverkehr geradezu anbietet.
Bis wann würde das Kulturzentrum realisiert?Der Rückbau des Stadttheater-Provisoriums am bestehenden Standort soll ab Oktober 2023 starten. Ziel wäre es, möglichst nahtlos mit dem Wiederaufbau am neuen Standort zu beginnen. Als Fundament würde eine neue Tiefgarage dienen.
Warum eine Grundsatzabstimmung?Bevor der Gemeinderat Geld in die weitere Planung investiert, möchte er den grundsätzlichen Rückhalt aus der Bevölkerung. Zudem will der den Planungskredit nicht einfach ins Budget 2022 aufnehmen. Auch in diesem Jahr kann wegen Corona wiederum keine Bürgerversammlung stattfinden. Streichungsanträge sind an der Urne nicht möglich. Wer gegen das Projekt “Übernahme Stadttheater-Provisorium” ist, soll nicht das gesamte Budget ablehnen müssen.
Was kommt nach der Grundsatzabstimmung?Stimmen die Goldacherinnen und Goldacher zu, wird der Gemeinderat die weitere Planung an die Hand nehmen. Er hat dafür vorsorglich einen Kredit von CHF 200’000.00 ins Budget 2022 aufgenommen. Den endgültigen Entscheid könnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wiederum an der Urne fällen, indem sie über den notwendigen Baukredit befinden. Bei einem Nein bereits an der Grundsatzabstimmung würde das Projekt nicht weiterverfolgt und der Planungskredit folglich nicht in Anspruch genommen.

8 Antworten

  1. Brauchen wir eine Tiefgarage die ca.8 Mio. Fr. kostet und vielleicht zu 70 % leer steht?
    Beim Friedhof sind genügend Parkplätze und Abends meistens nicht besetzt.
    ein paar Schritte sind für die Besucher zumutbar

    1. Der Hinweis ist berechtigt (der Gemeinderat geht jedoch von deutlich weniger als 8 Mio. Franken für die Tiefgarage aus). Ob es eine Tiefgarage braucht und wie viel diese kosten würde, wäre im Zuge der weiteren Planung zu klären. Grundlage wäre das Betriebskonzept, welches der Gemeinderat bei einem Ja der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu weiteren Abklärungen als Erstes erarbeiten würde.

  2. 6 Mio. sind für eine Tiefgarage immer noch zuviel, die vielleicht 70% leer steht, Alternative zur Abstimmung bringen ohne Tiefgarage.

    1. Der Gemeinderat geht heute (ohne vertiefte Prüfung) davon aus, dass die Tiefgarage rund 2 Mio. Franken kosten würde. Am 15. Mai stimmen die Goldacherinnen und Goldacher aber nicht über einen Baukredit ab. Sie beauftragen den Gemeinderat einzig, das Projekt für die Übernahme des Stadttheater-Provisoriums vertieft zu prüfen und genau solche offenen Fragen zu klären. Der definitive Entscheid fiele an einer zweiten Abstimmung über den dannzumal benötigten Baukredit.

  3. Hr. FALK, welche Zahl ist richtig, 8Mio.laut Wellenbrecher, oder Tiefgarage, laut Jhren Angaben nur 2Mio.plus 2,75 Mio für Abbau, Aufbau etc. macht 4.75 Mio.
    Ich erwarte eine Antwort von Jhnen

    1. Im Text ist die Kostensituation wie folgt umschrieben:

      «Alleine für die Demontage, den Transport und den Wiederaufbau veranschlagt der Kanton Kosten von rund 2,75 Mio. Franken. Hinzu kommen die Kosten für die Tiefgarage, notwendige Anpassungen an der Materialisierung (insbesondere beim Innenausbau oder z. B. an der Aussenhülle) und Änderungsbedarf aus dem Betriebskonzept (Raumeinteilung etc.). Der Gemeinderat geht heute davon aus, dass sich die Gesamtkosten auf mindestens 8 Mio. Franken belaufen werden.»

      Der Gemeinderat schätzt folglich, dass die Tiefgarage (falls eine solche gebaut wird) sowie Anpassungen an der Materialisierung und der Raumeinteilung Kosten von rund 5,25 Mio. Franken verursachen (8 Mio. minus 2,75 Mio.). Davon dürften rund 2 Mio. Franken auf eine allfällige Tiefgarage entfallen. Verlässliche Zahlen müssten allerdings die detaillierten Abklärungen ergeben, die der Gemeinderat gerne in Angriff nehmen würde.

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